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Innenstadtsterben: So gelingt die urbane Erneuerung
Wie kann dem Aussterben der Innenstädte entgegengewirkt werden? Die Architekturspezialisten von CSMM sehen große Chancen für einen urbanen Neuanfang unter anderem in der Revitalisierung und multifunktionalen Nutzung brachliegender Retailflächen.
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Die Rettung der europaweit sterbenden Innenstädte ist nur durch eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung zu schultern.
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Städte und Gemeinden sind aufgefordert, dem Aussterben entgegenzuwirken und Innenstädte zu beleben. Erste Beispiele von Paris bis Gelsenkirchen zeigen, dass es Wege gibt.
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Beratungs- und Architekturunternehmen CSMM: Chancen für einen urbanen Neuanfang auch in deutschen Innenstädten liegen unter anderem in der Revitalisierung und multifunktionalen Nutzung brachliegender Retailflächen.
München, 15. April 2021. Verwaiste Innenstädte, geschlossene Geschäfte, brachliegende Wirtschaft: Die Abwanderung ganzer Käuferschichten in Richtung Onlinehandel hat sich durch die Lockdowns exponentiell beschleunigt. Europaweit drohen ganze Stadtzentren zu veröden. Deshalb sind Städte und Gemeinden aufgefordert, dem Aussterben entgegenzuwirken. Timo Brehme, geschäftsführender Gesellschafter des Münchner Beratungs- und Architekturunternehmens CSMM warnt eindringlich vor den gesamtgesellschaftlichen Folgen der aktuellen Entwicklung. Gleichzeitig begreift er die existenzielle Krise und den strukturellen Wandel als Chance für einen umfassenden Neuanfang. Vorausgesetzt, Politik, Gesellschaft und Investoren ziehen an einem Strang. Brehme: „Dieser komplette Wandel ist nicht durch einzelne Eigentümer umsetzbar. Es braucht gesamtstrategische Entscheidungen und ein ganzheitliches Konzept, in das auch Städte, Gemeinden und die Gesellschaft eingebunden werden.“ Die Zeit ist jetzt, den Umbruch multifunktional und unter nachhaltigeren Vorzeichen zu gestalten. Denn in den alten Strukturen steckt noch genug Energie für ein zweites, lebendigeres Leben.
Handelsriesen wie Galeria Kaufhof spüren den Wandel schon länger. In Deutschland musste das einstige Flaggschiff innerstädtischer Konsumlust über 40 Filialen dichtmachen. Betroffen davon sind nicht nur teils denkmalgeschützte Traditionsstandorte wie das Karstadt Sporthaus in der Münchner Neuhauser Straße, sondern auch der aus dem Stadtbild kaum mehr wegzudenkende Glaskasten am Stachus, dem unlängst noch einmal eine Schonfrist von zwei Jahren eingeräumt worden war. Auch etliche Modeketten und Einzelhändler hatten in den vergangenen Wochen und Monaten Insolvenz beantragt. Was der Onlinehandel seit Jahren eingeläutet hat, beschleunigt die Corona-Pandemie. Brehme: „Wir sehen erst den Anfang. Wir haben in München in den vergangenen Monaten mehrere Gespräche mit eingesessenen Adressen geführt, welche Möglichkeiten und Nutzungskonzepte mit Blick auf die Bausubstanz machbar sind – und was bei umfangreichen Revitalisierungen theoretisch möglich wäre. Die Karten werden aktuell neu gemischt.“ Das gilt nicht nur für München, sondern für alle Großstädte.
Die multifunktionale Stadt der Zukunft
Für CSMM ist es höchste Zeit für eine städteplanerische Vision. Das Architektur- und Beratungsunternehmen sieht in der Rückkehr von Handwerk, Produktion, Wohnen und Bildung einen Schlüssel für die multifunktionale Stadt der Zukunft. Mehr Vielfalt mache Quartiere nicht nur resilienter, die Verankerung von Einrichtungen wie Universitäten und Krankenhäusern belebe die Innenstädte zudem maßgeblich. Und macht diese für Investoren auch weiterhin attraktiv. Außerdem könnte der zweite große Verlierer der Corona-Pandemie in Gestalt von Veranstaltungszentren einen neuen Raum erhalten: die Kultur- und Bildungseinrichtungen.
Revitalisierung und Renaturierung
„Um die Innenstädte zum Schaufenster in die Seele einer neuen, nachhaltigen und vor allem auch vielfältigen Urbanität werden zu lassen, müssen die alten Strukturen mit neuem Leben gefüllt werden“, führt Timo Brehme aus. „Und zwar so, dass die in zahlreichen Bestandsgebäuden bereits gebundene graue Energie, die im Fall von Abriss und Neubau ein zweites Mal aufgewendet werden müsste, als Fundament für einen nachhaltig eingeläuteten Wandel dient.“ Deshalb plädiert Brehme für eine umfassende Revitalisierung und Umnutzung leer stehender Bestandsgebäude, bei der auch Aspekte der klimapolitisch so wichtigen Renaturierung der Städte in Betracht gezogen werden. „Die Revitalisierung und Renaturierung kann das städtische Gemeinschaftsgefühl wiederbeleben“, erklärt Brehme. „Die Innenstadt der Zukunft ist revitalisiert, nachhaltig und vielseitig.“ Und als solche für Anleger mit Sinn für gesellschaftlichen und umweltpolitischen Mehrwert ein Anreiz, künftig zu investieren und damit die dringend notwendige Umgestaltung zu finanzieren.
Lockerungen für den Kurswechsel
Dabei sehen sich Architekten, Städteplaner und Politik nach Einschätzung des Beratungshauses CSMM im interdisziplinären Schulterschluss vielen Herausforderungen gegenüber. Denn neben Themen wie Brandschutz, unbelichteten und tief angelegten Gebäuden sowie eingeschränkten Zugängen stellen sich in deutschen Großstädten grundsätzliche Fragen nach der Sinnhaftigkeit mehrstöckiger Kaufhäuser. Weshalb es zunehmend wichtig werde, dass Städte und Kommunen baurechtliche Maßnahmen lockern und so einen Kurswechsel ermöglichen. Überdies macht Brehme deutlich: „Der Rück- und Umbau bestehender Gebäudestrukturen birgt nicht nur erhebliche umweltschutztechnisch relevante Einsparungsmöglichkeiten, sondern auch den Kern neuer Lebensräume im urbanen Bereich.“ Vorstellbar sind vielfältige Mixed-Use-Konzepte. Ob Lärm oder Nutzungserlaubnis: Soll der Wandel gelingen, darf die Politik keine Angst vor der Überarbeitung bestehender Verordnungen haben und muss ein stärkeres Nebeneinander von Arbeit, Wohnen und Freizeit möglich machen.
Chance für einen Neuanfang
Der Onlinehandel hat dem innerstädtischen Einkaufsbummel den Rang abgelaufen. Nun stellt sich die Frage, ob kleinere Geschäfte trotz einbrechender Umsätze und hoher Mieten überleben können. Dass in dieser dramatischen Situation die Chance für einen Neuanfang schlummert, zeigt sich überall dort, wo politischer Wille und ökonomische Umsicht der Vermieter den Weg für einen dauerhaften Wandel bereits geebnet haben: In Paris beispielsweise hat eine Stiftung insolvente Kaufhäuser übernommen und die Flächen an lokales Gewerbe vermietet. In Gelsenkirchen wurde ein früheres Kaufhaus nach einem Umbau zum neuen Zuhause von Gastronomie, Einzelhändlern, Bildungseinrichtungen und Seniorenwohnungen und Kleinstädte wie Hanau und Mühldorf am Inn können sich über eine Rückkehr von Handwerk und Start-ups in Innenstadtlagen freuen.
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