Resonanz
Immobilien Zeitung: „Der Schreibstuben-Irrtum der Büroplaner"
Die Debatte über den künftigen Büroflächenbedarf nicht an Quadratmetern zu verankern, sondern an der Raumqualität, fordert Timo Brehme, Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter von CSMM – architecture matters in der ImmobilienZeitung.
„Der Schreibstuben-Irrtum der Büroplaner" betitelt die ImmobilienZeitung den Beitrag von Timo Brehme.
Die Fachzeitung für die Immobilienwirtschaft veröffentlicht in einer Kolumne die Meinung von Branchenexperten zu aktuellen Themen. Für die erste August-Ausgabe hat die Journalistin Monika Leykam den Managing Partner des Architektur- und Consulting-Büros CSMM befragt:
Dieser Artikel erschien am 6. August 2020 in der Immobilien Zeitung und am 21. August 2020 erstmals auf competitionline:
Der Schreibstuben-Irrtum der Büroplaner
Timo Brehme ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens CSMM. Er fordert, die Debatte über den künftigen Büroflächenbedarf nicht an Quadratmetern zu verankern, sondern an der Raumqualität.
Text: Timo Brehme
Aktuell überschlagen sich die Marktteilnehmer mit ihren Thesen und Prognosen zur Entwicklung des Büromarkts. Wird durch Corona mehr oder weniger Fläche gebraucht? These 1: mehr Abstand = mehr Flächenbedarf. These 2: mehr Homeoffice = weniger Flächenbedarf. These 3: weniger Neubauten = weniger Flächenangebot. Je nachdem, welche Meinung und welche Ziele der Absender hat, lässt sich herauslesen, dass Unternehmen mehr oder weniger Quadratmeter benötigen.
Meiner Meinung nach ist es ein Fehler, so viel über Quantität zu diskutieren. Es braucht stattdessen eine Diskussion um Qualität. Weg vom zahlengetriebenen Blick auf die Quadratmeter, hin zum Blick auf den erwünschten Output. Auch wenn wir kurzfristig die Kosten senken können und weniger Fläche benötigen: Der Mitarbeiter als wichtigste Ressource im Unternehmen muss vielschichtiger betrachtet werden. Für ihn schließlich werden Büroräume bereitgestellt.
Das Homeoffice kann in Zukunft nur ein Baustein sein in einer flexiblen Arbeitswelt. In vielen Fällen war und ist es eine Notlösung ohne strategische Verankerung. Wer im Homeoffice das neue Büro sieht, begeht den gleichen Fehler, der in der Büroplanung die vergangenen 200 Jahre gemacht wurde. Das Büro wurde über Jahrhunderte hinweg nur als Schreibstube gesehen, die lediglich immer größer wurde. Das alleinige Homeoffice wäre der Rückschritt in diese Schreibstube im Kleinformat. Ein Büro im Jahr 2020 muss jedoch eine Plattform sein, um kreative Impulse zu fördern und in unsicheren Zeiten Identifikationsmöglichkeiten zu bieten.
Es findet aktuell ein gigantischer Wandel statt von der Notwendigkeit des Abarbeitens hin zum innovativen Kreieren. Abarbeiten wird es nicht mehr geben, weil das zunehmend die künstliche Intelligenz übernimmt. Ein Bestandteil der neuen Arbeitswelt werden Wechselarbeitsplätze sein. So lassen sich Flächen sparen, auf der anderen Seite lassen sich zum Ausgleich anspruchsvollere Flächen schaffen, etwa als Begegnungsorte. Oder als Orte für Komplexität, an denen Spezialistentum zusammenkommt. Das Büro wird zum Möglichkeitsraum. Die Technik macht es möglich, an immer neuen Orten auf immer neue Weise zu arbeiten. Es wird sich also künftig nicht allein die Frage stellen, wie viel in Form von Quadratmetern vermietet wird, sondern in welcher Qualität und mit welcher Zielsetzung. Aus Quadratmeter (qm) könnte der Qualitätsmaßstab (qm) werden. Ein Paradigmenwechsel, den es bereits bei der Architektur zu berücksichtigen gilt.